Marken & ihre Macht in der Weinwelt
Starke Marken verkaufen sich bzw. ihre Produkte von selbst. Sie haben treue Fans, die gern zeigen, dass sie die Marke lieben und immer positives Feedback geben – bestenfalls sogar ungefragt. Manche Marken schaffen es sogar, im allgemeinen Sprachgebrauch zum Inbegriff einer Produktkategorie zu werden. Auch in der Weinwelt gibt es weltbekannte Marken, die Weinliebhaber mehr oder weniger stark bei der Kaufentscheidung beeinflussen. Brauchen Weinhändler Marken im Sortiment? Welche Strategien und Konzepte sind erfolgsversprechend für Weinhändler? Gibt es Unterschiede zwischen stationärem und Online-Handel? Diesen Fragen gehen wir im folgenden Beitrag auf den Grund.
Was ist eine Marke?
Die meisten Beiträge und Informationen, die sich mit dem Thema „Branding“ befassen, beginnen mit der Frage „Was ist eigentlich eine Marke?“ – auch dieser… Viel mehr wird über die Funktion der Marke und den Nutzen für ein Unternehmen – oder ganz konkret: Ihrer Weinhandlung – selten erörtert. Doch selbst wenn diese Frage das zentrale Thema des gesamten Artikels ist, bleibt oft unklar, was eine Marke zu einer Marke macht. Wird jede Weinhandlung mit treuen Stammkunden oder jedes Produkt, was sich gut verkauft, direkt eine Marke? Entscheiden Konsumenten, ob ein Produkt eine Marke ist? Oder bestimmt allein ein geschütztes Recht an einem eingetragenem Namen darüber?
Die Marke ist im eigentlichen Sinn das Image, das ein Produkt oder Unternehmen bei der Zielgruppe hat. Dieses Image wächst aus Assoziationen und Emotionen, das Menschen mit einem Produkt oder einem Unternehmen verbinden. Aus dem, was man darüber gehört, gelesen oder sogar erlebt hat. Je stärker das Image ist, desto unabhängiger wird es vom eigentlichen Produkt oder der Firma. Genau so wird es zu einer Marke.
Beispiele für starke Produkt-Marken
Benutzen Sie „transparente Klebefilmstreifen“, wenn Sie ein Geschenk verpacken? Fragen Sie eher nach einem „Taschentuch“ oder einem „Tempo“? Wie würden Sie einen Weinaußgießer-Tropfschutz aus Laminat nennen, der kein DropStop®-Label trägt?
Nicht immer stehen hinter starken Marken bekannte Unternehmen. Deren Namen sind den Meisten von uns nur dann geläufig, wenn sie dem der Marke entsprechen. Kennen Sie den Konzern Essity? In dessen deutscher Niederlassung werden Tempo-Taschentücher produziert. Oder die Kandinsky Deutschland GmbH (Drop Stop)? Die Tesa SE ist übrigens eine Tochterfirma von Beiersdorf.
Marken – Vielfalt in der Weinwelt
In der Weinwelt gibt es nicht nur „Markenweine“ jeglicher Qualität – von Yellow Tail über Dom Perignon bis hin zu Château Pétrus. Neben Weinen können Produzenten zur Marke werden, das gilt selbstverständlich ebenso für Importeure und Weinhändler. Auch Regionen, allen voran die Champagne, erreichen mitunter ebenfalls Markenstatus. Meist beruht dieser auf einer gemeinsamen Marketingstrategie der regional ansässigen Produzenten unter dem „Siegel der geschützten Herkunft“. Vor allem in Gegenden, in denen viele kleine Produzenten die Rebflächen unter sich aufteilen, eine sinnvolle Strategie. Die Nachfrage nach den Produkten der Region übersteigt oft die Produktionsmenge. Das sichert die Existenz der ansässigen Produzenten und gestattet höhere Verkaufspreise.
Das Entscheidende am Label „Marke“
Darüber, was eine Marke nun eigentlich als solche klassifiziert, streiten sich selbst Experten. Das Wesentliche einer „echten“ Marke und der entscheidende Faktor aus unternehmerischer Sicht: Der Name der Marke genügt der Zielgruppe als Versprechen für Qualität. Auch und gerade die Zielgruppe selbst sieht das wirklich so. Auf Produktebene besteht eine direkte Beziehung zwischen Marke und Konsument: Ein markentreuer Kunde benötigt keine oder nur wenig Beratung. Wenn es „seine“ Marke in einem Geschäft nicht gibt, sucht er eher nach einem anderen Laden, als nach einem Alternativprodukt. Auch wenn sich an vielen Marken, die diesen Status bei ihren Fans erreichen, oft die Geister scheiden: Ob man es ihnen gönnt oder nicht, diesen Erfolg zu erreichen wünscht sich wohl jedes Unternehmen für sich oder zumindest eines seiner Produkte.
Kennen Sie diesen Kunden(typ), der eilig in den Laden huscht, sich kurz umschaut und dann -irgendwie gehetzt wirkend – die Frage stellt:
„Haben Sie Weine von … …?“
Wie geht die Situation bei Ihnen im Geschäft weiter?
Was macht eine Marke erfolgreich?
Der Erfolg einer Marke beruht auf der Begeisterung ihrer Anhänger. Den Kunden, Fans, Usern – ganz gleich, ob es sich bei ihr um ein Produkt, ein Unternehmen oder eine andere Art Marke handelt. Sie sorgen dafür, dass die Marke stark und immer stärker wird.
Der Name der Marke – Erfolgsfaktor Nr. 1?
Der Name einer Marke ist einer der wichtigsten Faktoren für den Erfolg. Selbstverständlich ist er keineswegs hinreichend. Wenn Sie eine erfolgreiche Marke schaffen möchten, ist die Wahl des richtigen Namens allerdings maßgeblich dafür, ob Ihre Marke erfolgreich wird und in welchen Ländern sie sich behaupten kann.
Der optimale Name ist prägnant, kurz und einfach – sowohl was die Schreibweise, als auch die Aussprache betrifft. Bei Doppeldeutigkeit und Worten, die Emotionen transportieren, ist Vorsicht geboten. Wenn die Zielgruppe Positives mit dem Begriff verbindet oder über Wortwitz schmunzelt, haben Sie gute Karten. Wer international durchstarten will, sollte bei der Wortwahl beachten, dass alle diese Kriterien auch auf die Muttersprachen Ihrer Zielgruppen im Ausland zutreffen müssen.
Denn eines ist gewiss: Der Erwerb eines Markenprodukts beginnt meist damit, einen Verkäufer danach zu fragen, den Namen der Marke in eine Suchmaske zu tippen oder mit einer schriftlichen Anfrage an einen Händler. Je einfacher der Markenname, desto höher die Chance auf Erfolg der Suche / Anfrage. Darüber hinaus zögern Interessenten für ein Produkt oft, nach diesem zu fragen, weil sie fürchten, sich zu blamieren, wenn sie Namen falsch betonen oder schreiben. Last but not least: Einfache Namen prägen sich viel besser ein. Die Verankerung des Markenamens im Gedächtnis Ihrer Zielgruppe ist der erste wichtige Schritt.
Reichweite & Macht der Marke
Nur wenige Marken sind weltweit bekannt und in mehreren Ländern stark: Global behaupten können sich im Lebensmittel-Sektor vor allem Fast Food-Ketten, ungesunde Softgetränke oder Süßwaren. Und Namen, die Qualität & „Luxus“ versprechen. Nehmen wir das Beispiel Champagne: Zu besonderen Anlässen greifen nicht nur in Deutschland viele Verbraucher lieber zu einem billigen Champagner als zum guten – aber unbekanntem – Winzersekt, Cava oder Crémant…
Exklusivität kann ebenfalls ein entscheidender Faktor sein: Produkte, die sich nur wenige Menschen leisten können, von denen es aber bei Weitem nicht genug für alle Interessenten gibt. Die Premier Grand Cru Classés in Bordeaux machen es vor – sie brauchen keine Werbung.
Ob sich eine Marke überregional – oder gar international – durchsetzen kann, ist mitunter Glückssache. Häufig gilt, dass das erste Produkt am lokalen Markt die Nase vorn hat. Manche Marken gehören in einem Land zur Umgangssprache und finden sogar im Duden Erwähnung. Oft sind diese anderorts nahezu bedeutungslos. Fragen Sie in Österreich doch mal nach Tesafilm… Gibt es eigentlich in jedem Supermarkt. Die Marke Tixo ist aber viel bekannter.
Welchen Nutzen haben Marken für Weinhändler?
Weine, Spirituosen und Feinkost sind beratungsintensive Produkte. Pauschal gesagt konsumieren Verbraucher sie gern, wissen aber nur wenig darüber. Deshalb greifen viele Weinliebhaber gern zu Marken, die sie kennen. Vor allem dann, wenn es schnell gehen muss oder weitere Informationen nicht einfach erhältlich sind. Die Marke erleichtert den Einkauf für ihre Kunden.
Die Kehrseite der Medaille: Sie macht auch den Verkaufsprozess einfacher. Ein unbekanntes Produkt bedarf einer Empfehlung, damit Sie es „wie geschnitten Brot“ verkaufen können. Sie müssen Ihre Kunden neugierig machen, indem Sie Geschmack und Qualität so beschreiben, dass ihnen das Wasser im Munde zusammenläuft. Bei einer Marke, die sie kennen und lieben, greifen Ihre Kunden hingegen „einfach zu“.
Viele Wein- und Whisk(e)y-Liebhaber suchen ganz konkret nach „ihren“ Marken. Das gilt sowohl im Netz, als auch in der realen Einkaufswelt. So kann eine Marke zur Eintrittskarte werden, wenn ein Kunde nur deshalb auf Sie aufmerksam wird, weil sie sie im Sortiment führen. Wenn Sie diesen Kunden binden und halten können, ihn für weitere Produkte begeistern – oder eine gute Marge machen – keine schlechte Strategie…
Preis-Sensibilität
Im Allgemeinen sind markentreue Kunden bereit, einen hohen Preis für „ihr“ Produkt zu bezahlen. Für sie ist nicht der günstig(st)e Preis entscheidend, sondern die Gewissheit, das richtige Produkt zu bekommen. Das macht sie zu einer interessanten Zielgruppe.
Gleichzeitig wissen die meisten Marken-Fans aber ganz genau, was „ihre“ Marke kostet. Sie vergleichen – ganz bewusst oder mehr automatisch im Hinterkopf – Ihren Preis für die Marke mit dem Ihrer Mitbewerber. Große Marken versprechen unabhängigen Weinhändlern oft nur kleine Margen, weil die Konkurrenz günstiger ein- und verkaufen kann.
Brauchen Weinhändler Marken im Sortiment?
Diese Frage lässt sich ganz klar beantworten: Das kommt ganz auf den Weinhändler und seine Zielgruppe an. Fassen wir zusammen: Markenprodukte kann „jeder“ verkaufen, auch ohne Beratungskompetenz. Der Name genügt dem Kunden für eine Kaufentscheidung. Gleichzeitig ist er Suchbegriff für die Recherche nach einer (neuen) Bezugsquelle für die Marke. Sie kann Ihnen neue Kunden verschaffen und verkauft sich bestenfalls schnell und für Sie ohne nennenswerten Aufwand für Beratung, Produktbeschreibung, Werbung oder Kostproben.
Der Preis für Markenprodukte ist aus Kundensicht weniger entscheidend. Solange er im Durchschnitt liegt, ansonsten verdächtigt der markentreue Kunde Sie des Wuchers. Wenn Ihre Beziehung zu Kunden ausschließlich auf dem Austausch von Markenprodukten gegen Bezahlung beruht, ist sie keinesfalls stabil. Sie als Händler sind dann austauschbar. Wenn die Konkurrenz günstiger ist oder der Einkauf dort bequemer ist, macht Ihr Kunde mit Ihnen Schluss.
Ob, welche und wie viele Markennamen für einen Weinhandel sinnvoll sind, lässt sich deshalb pauschal nicht beantworten. Marken können sehr interessant sein. Nicht nur in Form von Produkten: Auch Regionen, Produzenten und Weinhändler können zur Marke werden. Und dafür sorgen, dass Sie – online und in der „realen Welt“ – bekannter werden.
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